Daniel Born MdL – Vizepräsident des Landtags von Baden-Württemberg

Vizepräsident des Landtags von Baden-Württemberg

„Wir haben allen Grund, unseren Forderungen nach Vielfalt und Teilhabe allen Nachdruck zu verleihen“

Veröffentlicht am 11.05.2022 in Reden/Artikel

Grußwort anlässlich des Parlamentarischen Abends der Werkstatträte Baden-Württemberg

Sehr geehrter Herr Bendler,
sehr geehrter Herr Streicher,
sehr geehrter Doktor Schaab,
sehr geehrter Professor Armbruster,
sehr geehrter Herr Geisser,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen herzlich für die Einladung zum Parlamentarischen Abend und freue mich sehr, heute Abend Ihr Gast sein zu dürfen.

Ich darf Ihnen auch herzliche Grüße der Landtagspräsidentin Muhterem Aras übermitteln, die heute Abend verhindert ist und in deren Vertretung ich also heute hier bei Ihnen sein kann.

Wenn man als Vizepräsident des Landtags zu einem Parlamentarischen Abend der Werkstatträte eingeladen wird und man sich auf einen solchen Abend vorbereitet, kommt man gedanklich sehr schnell auf zwei zentrale Begriffe: Vielfalt und Teilhabe.

Beides sind ja Begriffe, die – so wie ich es eben selbst getan habe – gerne gemeinsam verwendet werden. Warum ist das eigentlich so? Es gibt ja zwei Möglichkeiten, warum zwei Begriffe oft gemeinsam vorkommen: Die erste Möglichkeit ist die, dass beide im Grunde dasselbe bezeichnen und die Sprecherin/ der Sprecher beide verwenden, um der eigenen Aussage mehr Nachdruck zu verleihen. Hab & Gut, Grund & Boden, Feuer & Flamme sind bekannte und alltägliche Beispiele einer solchen Dopplung, die immer wieder gern bewusst oder unbewusst als rhetorisches Mittel eingesetzt wird.

Mindestens genauso alltäglich wie die eben genannten Beispiele ist also das Begriffspaar Vielfalt & Teilhabe. Haben wir es hier also schlicht mit einer rhetorischen Figur zu tun? – Die Antwort ist ein klares Nein!

Mir als Vizepräsident und genauso auch als Bildungspolitiker ist ganz wichtig: Wir haben als Gesellschaft allen Grund, unseren Forderungen nach Vielfalt und Teilhabe allen Nachdruck zu verleihen und die Verpflichtung, dabei eben nicht bei politischer Rhetorik stehenzubleiben. Vielfalt und Teilhabe sind eben keine Dopplung, sondern sie sind zwei unerlässliche Aspekte einer inklusiven und einer gerechten Gesellschaft. Sichtbare Vielfalt ist dabei ein unglaublich wichtiger, aber doch nur ein unvollständiger Aspekt, wenn er nicht um die tatsächliche, auch selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – auch am Arbeitsleben – ergänzt wird. Denn wo Menschen in ihrer Vielfalt sichtbar sind, heißt das noch längst nicht, dass sie auch dieselben Möglichkeiten der Teilhabe und damit Chancen auf Entwicklung haben. Und damit sind wir beim zentralen Thema des heutigen Abends.

Ich bin den Werkstatträten und der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen sehr dankbar für ihre Arbeit und für ihren Einsatz, durch den sie Vielfalt und Teilhabe im Arbeitsleben ermöglichen. Natürlich ist Arbeit nicht alles und als Gesellschaft sollten wir auch immer wieder über die Rolle von Arbeit nachdenken und ein gutes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit austarieren. Auch deshalb ist es eine gute Tradition, den Tag der Arbeit zu feiern, wie wir es erst vor nicht einmal zwei Wochen getan haben. Unbestritten ist, dass Arbeit einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert hat und deswegen ist es auch richtig, dass die UN-Behindertenrechtskonvention ein Recht auf Arbeit auch für Menschen mit Behinderungen klar festgeschrieben hat. Und fest steht auch, dass dieses Recht auf Arbeit sich nicht in irgendeiner Art von Beschäftigung erschöpft, sondern dass damit die Chance auf Entwicklung, auf die Förderung der eigenen Persönlichkeit und auf selbstbestimmtes Lernen miteingeschlossen ist und sein muss.

Sie haben den heutigen Abend unter den Titel „Weg(e) aus der WfbM?!“ gestellt. Und das gefällt mir auch deshalb ausgesprochen gut, weil er genau diese Chancen auf Entwicklung und Zukunftsperspektiven – jedes und jeder Einzelnen, aber auch der Strukturen der Inklusionsarbeit insgesamt – in den Blick nimmt. Und ich denke, dass es genau darum gehen muss.

Arbeit ist ein Menschenrecht, das für alle gilt und wir haben als Gesellschaft hier noch viel zu tun, wenn wir uns vor Augen führen, dass die Erwerbsquoten bei Menschen mit Behinderung deutlich unter denen nichtbehinderter Menschen liegen (57 Prozent vs. 82 Prozent in 2019).

Es ist gut, wenn wir als Gesellschaft, als Betroffene, als Politik immer wieder und stetig im Austausch über die besten Wege sind, wie wir unser gemeinsames Ziel eines gleichberechtigten Miteinanders von Menschen mit und ohne Handicap – wie wir Vielfalt und Teilhabe – gemeinsam umsetzen und verwirklichen können. Ich freue mich sehr, dass der heutige Abend eine so wunderbare Gelegenheit für diesen wichtigen Austausch bietet.

Ich bin nun sehr gespannt auf Einblicke in beeindruckende Lebenswege und auf gute Gespräche und Begegnungen und möchte zu guter Letzt auch der Württembergischen Landesbibliothek für ihre Gastfreundschaft danken. Dass hier in der WLB ein inklusives Restaurant und Café gemeinsam mit dem Rudolf-Sophien-Stift betrieben wird, macht die WLB zu einem Beispiel praktisch gelebter Vielfalt und Teilhabe und damit zu einem ganz wunderbar passenden Ort für den heutigen Abend.

Herzlichen Dank!

(Es gilt das gesprochene Wort.)

 

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